Arme hoch und los geht’s!

Dirigieren lernen mit Dirk Mattes.

Ein Blick hinter die Kulissen beim Workshop „Grundlagen des Dirigierens“  

Er ist einer der beliebtesten Workshops im Angebot des VMB NRW. Kaum ist ein neuer Kurs online, sind alle Plätze besetzt und auf der Warteliste stauen sich potenziell weitere Teilnehmer_innen. Die Rede ist vom Workshop „Grundlagen des Dirigierens“ mit und von Dirk Mattes. Seit Corona bieten wir diesen Workshop als reinen Onlinekurs an und seitdem erfreut er sich größter Beliebtheit. 15 Kurse mit jeweils 12 Teilnehmer_innen wurden bereits durchgeführt. Fragen wir also Dirk Mattes selbst, was das Geheimnis hinter dem Dirigieren lernen im Online-Format ist. 

Dirk, du gehörst seit Corona mit deinem Dirigier-Kurs fest zum VMB-Workshopangebot. Erzähl mal, wie es dazu kam?
„Naja, es war Corona und alles irgendwie eingefroren. Anke Wamser hat damals den Kontakt zu mir gesucht und gefragt, ob ich mir so einen Workshop nicht vorstellen könnte. Da musste ich mir erstmal ein paar Gedanken zu machen. Ehrlich gesagt war ich dem Ganzen zuerst eher skeptisch gegenüber eingestellt: Dirigieren lernen ohne ein Orchester, dann auch noch ausschließlich über Video – kann das funktionieren? Aber, wie man sieht, funktioniert das richtig gut.“ 

Schön, wenn sich der Dozent? auch mal irren darf. Woran liegt es deiner Meinung, dass das Dirigieren via Video kein Problem darstellt? 
„Das optische Feedback macht ganz viel aus. Da wir die Kurse immer mitschneiden, haben alle Teilnehmer_innen immer die Möglichkeit ihr Dirigat im Nachgang nochmal selbst zu studieren. Das hilft, schnell zu lernen. Sie können Anhand ihrer Aufnahme erstens sehen, wie sie dirigieren und ob sich nach ein paar Einheiten schon etwas verändert hat. Außerdem ist es auch wirklich gut, dass man manche grundlegenden Bewegungsmuster klärt, bevor man vor ein Orchester tritt. Auch gestandene oder professionelle Dirigenten nehmen sich bei Proben oder Konzerten auf, um ein Feedback zu bekommen. 

Gibt es denn auch etwas, das beim Onlineformat hintenüberfällt gegenüber einem Workshop in Präsenz?
„Weil man nicht vor einem Orchester steht, fehlt ganz klar die Arbeit mit Menschen und die Didaktik. Wenn kein Orchester da ist, kann man natürlich keinen Blickkontakt aufbauen und das ganze Hören fehlt. Also der Abgleich vom inneren Ohr und was außen beim Orchester passiert – das funktioniert einfach nicht.
Auch die Reaktionen vom Orchester, etwa wenn die Musiker_innen anfangen zu schleppen, lassen sich bei diesem Format nicht simulieren und eben auch nicht üben. Trotzdem kann man sich ganz gut auf das gegenseitige Wechselspiel mit einem Orchester vorbereiten.“ 

Kannst du kurz erklären, wie dein Workshop aufgebaut ist und worauf du den Fokus legst?
„Es sind ja ‚nur‘ sechs Kurseinheiten, die jeweils zwei Stunden dauern. Zu den Grundlagen gehören ganz klar die Schlagtechniken: Fermate, Auftakt, Haltung und ausgewogene Spannung, Schlagebene, Funktion des Taktstocks, Möglichkeiten des Ausdrucks im Gesicht, linke Hand vs. rechte Hand, und und und…
Anhand von kurzen Phrasen, zum Beispiel vier Takte eines Bachchorals, gehen wir dann die Elemente durch und erarbeiten sie. Zusätzlich gibt es dann alle zwei Einheiten ein fünfminütiges Einzelcoaching für die Teilnehmer*innen. Da erarbeiten wir dann ganz kleinschrittig bestimmte Bewegungen.“ 

Machst du denn das Schlagbild vor und die Teilnehmer_innen machen es nach?
„Um die Inhalte zu vermitteln lässt sich das kaum vermeiden, allerdings stehe ich nicht als das einzige Vorbild da. Es gibt eben nicht nur die eine Art zu dirigieren. Es geht uns immer darum, den eigenen Werkzeugkasten zu erweitern und zu verfeinern.“ 

Also haben die meisten deiner Workshop-Teilnehmer_innen schon etwas Erfahrung in Sachen Dirigat?
„Das ist wirklich ganz unterschiedlich. Es waren schon 15-jährige dabei, die einfach wissen wollten, was Dirigieren ist und über den Tellerrand hinausschauen wollten. Dann kommen Leute, die bereits eigene Vereine leiten und das eigene Wissen auffrischen möchten, oder Jugenddirigent_innen, oder Stellvertreter_innen von Dirigent_innen. Es waren auch schon studierte Instrumentalisten dabei. Die Range ist wirklich groß.
Aber das ist auch völlig in Ordnung, denn meistens sind die Aufgaben die gleichen.“ 

Das wären?
„Probleme mit der Koordination, das Dirigat ist viel zu groß, Augen und Hände kommen sich in die Quere oder bei einem Blickwechsel gehen die Hände mit, was sie eigentlich nicht sollen – solche Dinge.
Da ist das Onlineformat dann wirklich gut, weil die Hemmschwelle niedrig ist, um einfach mal ans Dirigieren zu kommen. Es bietet einen guten Impuls, dass es sich lohnt, sich mit dem Dirigieren auseinander zu setzen.“ 

Also kann man auch ohne C3-Kurs bei dir mitmachen?
„Auf jeden Fall. Wie gesagt, die Range der Teilnehmer_innen ist wirklich groß. Und trotzdem ist der Austausch in den Gruppen sehr intensiv. Das Interesse am Dirigieren ist einfach da. Das sieht man auch an der langen Warteliste.
Generell überrascht mich das nicht. Denn Corona hat ja doch zu einem hohen Dirigentenmangel geführt. Deshalb finde ich es wichtig, ein breites Angebot in diese Richtung zu machen. Und da ist ein Workshop mit sechs mal zwei Stunden abends einfach gut planbar für die Teilnehmer_innen. 
Ich freue mich auf jeden Fall, dass der Workshop so gut angenommen und sich gut entwickelt hat. Mittlerweile haben ja schon über 200 Leute teilgenommen – das ist einfach toll. Das machen wir so weiter!“ 

 

Text: Maxi Krähling